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Aktuelle Konsum- und Sparquote – Licht und Schatten

In der Corona-Krise ist der private Konsum in Deutschland im Jahr 2020 so stark zurückgegangen wie seit 50 Jahren nicht mehr.

Die Haushalte gaben für Waren und Dienstleistungen 4,6 Prozent weniger Geld aus als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt ermittelte.

Das war der stärkste Rückgang seit 1970. Bereinigt um die Preisentwicklung betrug das Minus zum Vorjahr sogar 5,0 Prozent.

Die Gründe für die Einbußen liegen auf der Hand:

In der Pandemie waren viele Geschäfte über Monate geschlossen, Urlaube wurden abgesagt, und etliche Dienstleistungen, insbesondere rund um die Mobilität, waren kaum gefragt.

Es gab für die Menschen schlicht weniger Gründe und Möglichkeiten, ihr Geld auszugeben.

Höhere verfügbare Einkommen und höhere Sparquote

Während der private Konsum aufgrund der Einschränkungen und der Infektionsgefahr stark zurückgegangen ist, stieg das verfügbare Einkommen der Haushalte aufgrund staatlicher Stützungsmaßnahmen für Unternehmen und Stabilisatoren wie dem Kurzarbeitergeld um voraussichtlich 0,7 % (Statistisches Bundesamt, 2021).

Dementsprechend erhöhte sich die Sparquote der Haushalte in 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 5,3 Prozentpunkte auf 16,2 %. Bezogen auf das verfügbare Einkommen im Jahr 2020 entspricht dies einem Anstieg des Sparbetrags um etwa 105 Milliarden Euro.

Auch bei einer prognostizierten Normalisierung der privaten Konsumausgaben bis zum Jahresbeginn 2022 dürfte der Gesamtbetrag der „erzwungenen“ Ersparnisse zumindest in diesem Jahr noch weiter anwachsen.

Sparquote mit neuem Spitzenwert im ersten Quartal 2021

Darauf weisen die vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes für das erste Quartal 2021 hin, wonach sich die Sparquote auf den Spitzenwert von 23,2 Prozent erhöht hat.

Der Grund dafür liegt in einer Wirtschaftsleistung, die in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 3,4% zurückging: Während das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte erneut um 1,1 % über dem ersten Quartal des Vorjahres lag, sanken gleichzeitig die privaten Konsumausgaben um 7,3 %.

Geldvermögen der deutschen Sparer beträgt rund 7 Billionen Euro

Allein die kurzfristigen Bargeldbestände und Geldeinlagen erhöhten sich um 74 Mrd. Aber auch erhebliche Geldbeträge wurden der Anlageform Aktien und Fonds zugeführt. So besitzen rund 12,4 Mio. Deutsche inzwischen Vermögenswerte in Form von Wertpapieren, das sind rund 2,7 Mio. mehr als noch in 2019. 

Aufgestaute Kaufkraft – Belebung des Konsums?

Häufig wird in der Presse die Erwartung veröffentlicht, dass die aufgestaute Kaufkraft zu einer schnellen Belebung des Konsums führen wird.

Betrachtet man dazu die Werte zur Konsumneigung, wird ersichtlich, dass der schlechteste jemals ermittelte Wert laut dem größten deutschen Marktforschungsinstitut, der GfK, zu Beginn der Pandemie im Mai 2020 festgestellt wurde.

Nach einer positiven Stimmung im Sommer 2020 sank der Index durch die zweite und dritte Welle wieder deutlich.

Positive Tendenz der Werte zur Konsumneigung seit März 2021

Seit März ist eine positive Tendenz zu erkennen, die Indizes unterliegen allerdings noch erheblichen Schwankungen. Für das Konsumklima für Juni 2021 prognostiziert die GfK einen Indexwert von minus 7,0 Punkten, nach minus 8,6 Punkten im Mai. Analysten hatten im Schnitt einen höheren Indexwert von minus 5,2 Zählern erwartet.

Insofern sollte hinsichtlich der Erwartung eines schnellen Abbaus der aufgestauten Kaufkraft Vorsicht an den Tag gelegt werden.

Nicht unwahrscheinlich ist ein allmählicher Abbau zum Jahr 2022, womit sich deutliche Wachstumsimpulse über den Prognosehorizont hinaus ergeben werden. Dabei wird nicht zu erwarten sein, dass die gesamte Ersparnis dem Konsum zur Verfügung stehen und zu Nachhohleffekten führen wird. 

Großteil der „erzwungenen“ Ersparnisse wird voraussichtlich weiter angespart

Es sprechen vielmehr verschiedene ökonomische Gründe dafür, dass ein Großteil der „erzwungenen“ Ersparnisse längerfristig gespart bleiben wird. Zum einen dürften die Ersparnisse insbesondere bei Haushalten mit höheren Einkommen und geringeren marginalen Konsumquoten angefallen sein.

Außerdem resultiert aus der erzwungenen Ersparnis lediglich ein einmaliger Vermögensanstieg.

Dabei zeigt die Forschung zum Konsumverhalten, dass Haushalte ihren Konsum über den Zeitablauf zu glätten suchen und deshalb die marginale Konsumquote aus Vermögen sehr viel geringer als die Konsumquote aus dauerhaftem Einkommen ist.

Mittel- bis langfristige Anlageform Wertpapiere wird zunehmend genutzt

Dies gilt umso mehr, als die Deutschen die Anlageform Wertpapiere in zunehmendem Maß für sich entdeckt haben – eine grundsätzlich eher mittel- bis langfristige Anlageform.

Des Weiteren ist die Stabilisierung des verfügbaren Einkommens insbesondere auf die Ausweitung staatlicher Ausgaben zurückzuführen.

Vorausschauende, risiko-averse Haushalte würden die Wirkung von höheren Steuern zum Ausgleich staatlicher Defizite auf ihr verfügbares Lebenszeiteinkommen berücksichtigen und dementsprechend weniger der Ersparnisse ausgeben.

Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass pandemiebedingt unterlassener Konsum von Dienstleistungen, zum Beispiel in der Gastronomie oder auch im Tourismus, vollumfänglich nachgeholt werden kann.

Tendenz zu Investitionen in langlebige Konsumgüter – günstige Prognose für den Möbeleinzelhandel

Wann, in welchem Umfang und in welche Kanäle der Konsument seine verfügbaren Gelder lenken wird, bleibt also schwer vorhersagbar.

Folgt man jedoch den volkswirtschaftlichen Betrachtungen zu Konsum und Sparquote, ist es bei aller angeratenen Vorsicht sicherlich wichtig, nochmals zwischen langlebigen Konsumgütern wie Möbel und Auto sowie anderen tendenziell kurzfristigen Konsumgütern zu unterscheiden.

War die Nachfrage im Zuge des ersten Lockdowns 2020 noch zurückgegangen, konnte sie im zweiten Halbjahr 2020 um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr zulegen. Dies mag zum Teil auch an der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung gelegen haben.

„Cocooning“ als neuer (alter) Trend während der Pandemie

Es ist aber ebenso unbestritten, dass das Zuhause - ob Eigenheim oder Mietwohnung - in Zeiten der Pandemie einen anderen, einen höheren Stellenwert erfahren hat und immer noch besitzt.

Dieser höhere Stellenwert kommt in einer besonderen Nachfrage nach der Warengruppe Küche und einer deutlichen Steigerung der „Auftragsdurchschnitte“ zum Ausdruck. 

Häufig steigert die neue Einrichtung nicht nur das Lebensgefühl und Wohlempfinden der Konsumentinnen und Konsumenten auf unmittelbarem Weg, sondern wird nicht selten als gute, „inflationssichere“ Verwendung von Geldmitteln verstanden.

Sicherlich wird auch der Möbeleinzelhandel bei einer hoffentlich anhaltend steigenden Durchimpfung, sinkenden Inzidenzen und damit verbundenem höheren Vertrauen in die künftigen Einkommenserwartungen auf ein erhebliches Konsumenten-Potential bauen können.